Espressa Serie: Die Top 5 Kaffeenbaugebiete der Erde - Äthiopien
1. Der Ursprung des Kaffeeanbaus: Äthiopien
Befragt man Kaffeetrinker, wo Kaffee angebaut wird, fallen meist die Worte Südamerika oder vielleicht noch konkreter Brasilien. Beides ist richtig. Brasilien ist in der Tat das grösste Kaffeeanbaugebiet der Erde. Wussten Sie allerdings, dass Kaffee auch in Afrika und Südostasien angebaut wird? Auch in diesen Regionen der Erde findet die Kaffeepflanze ideale Wachstumsbedingungen, besonders rund um den Äquator, in bestimmten Höhenlagen und unter gewissen klimatischen Voraussetzungen.
Neben Ländern wie Kenia, Uganda und Tansania ist das grösste und bekannteste Kaffeeanbauland auf dem afrikanischen Kontinent Äthiopien. Das kleine Land am äussersten nordöstlichen Zipfel gilt sogar als Ursprung des Kaffees und ist, hinter Brasilien, Vietnam, Kolumbien und Indonesien, das fünftgrösste Kaffeeanbaugebiet der Erde. Die Legende besagt, dass der erste Arabica-Kaffee aus Abessinien, genauer dem abessinischen Hochland von Äthiopien, stammt. Der deutsche Begriff Kaffee soll sogar von Kaffa, der Ursprungsregion des Kaffees, abstammen. Erstmals soll er dort auch schriftlich erwähnt worden sein, um 900 n. Chr. Von Äthiopien aus gelangte die Kaffeepflanze schliesslich zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert durch Sklavenhändler nach Arabien.
Die Entdeckung der Kaffeepflanze
Dass man Kaffeebohnen heute röstet, zu Pulver zermahlt und dann aufbrüht, wissen wir. Aber wie wurde genau diese Vorgehensweise entdeckt und warum? Um die Entdeckung der Kaffeepflanze ranken sich mehrere Legenden. Eine besagt, dass man das ungewöhnliche Verhalten von Tieren beobachtete, die Kaffeekirschen gefressen hatten – die Frucht der Kaffeepflanze, in der sich die rohen Kaffeebohnen befinden.
Eine andere Geschichte handelt vom Ziegenhirten Kaldi aus der Provinz Kaffa. Kaldi beklagte sich bei den Mönchen, dass seine Tiere keine Ruhe fanden. Bei genauerer Untersuchung der Stelle, an der die Ziegen gefressen hatten, fand man eine dunkelgrüne Pflanze mit kirschenartigen Früchten. Als die Mönche daraus einen Aufguss zubereiteten, bemerkten sie die belebende Wirkung des Getränks und konnten ihre nächtlichen Wachen ohne Müdigkeit überstehen.
Bevor man jedoch die Bohnen dafür röstete, nahm man die Früchte roh oder als Aufguss zu sich. Angeblich war der Geschmack so bitter, dass jemand die Bohnen wütend ins Feuer warf – und so soll das Rösten entstanden sein. Dies ist jedoch nicht historisch belegt.
Buna(a), die äthiopische Kaffeezeremonie
Wer einmal in Äthiopien war, weiß, dass auch heute noch traditionell Kaffee geröstet und zubereitet wird: Rohe Kaffeebohnen werden über offenem Feuer geröstet, grob zerstossen und dann in der Jebena, einer bauchigen Kanne mit langem Hals aus Ton, aufgebrüht. Die äthiopische Kaffeezeremonie dauert rund eine Stunde und ist tief verwurzelt in der Kultur Äthiopiens.
Für die Äthiopier bedeutet Kaffee weit mehr als das gemeinsame Trinken des heissen Getränks; Kaffee stärkt das Gemeinschaftsgefühl und symbolisiert Gastfreundschaft. Besonders bei wichtigen familiären Ereignissen, wie Hochzeit oder Geburt, kommt man zusammen, wenn die älteste Frau des Hauses den Kaffee zubereitet und in kleinen Tassen serviert. In vielen ländlichen Gegenden Äthiopiens findet dieses Ritual dreimal am Tag statt: morgens, mittags und abends.
Kaffeevielfalt in Äthiopien
Äthiopien gilt nicht nur als das älteste Land, in dem Kaffee angebaut wird, es ist auch äusserst vielfältig, was die Kaffeesorten betrifft. Jede Anbauregion hat ihre eigenen typischen Aromen und Geschmacksnoten. Zu den bekanntesten Regionen zählen Sidamo, Yirgacheffe, Limu im Westen und Harrar im Osten.
Sonnengetrocknete Kaffees wie der Harrar sind im Allgemeinen teurer, da diese Aufbereitungsart besondere Sorgfalt erfordert. Die Bohnen müssen über mehrere Wochen hinweg regelmässig gewendet werden, um Schimmelbildung durch das Fruchtfleisch zu vermeiden.
Viele Kaffeeröster benennen ihre äthiopischen Kaffees nach diesen Regionen und verwenden die typischen Geschmacksbeschreibungen, die man in der Tasse schmecken kann. So bietet ein Sidamo oder Limu oft komplexe Zitrus-, Gewürz- und blumige Noten, während ein Yirgacheffe fruchtige Nuancen, besonders von Waldbeeren, entfalten kann.
Kaffeeanbau in Äthiopien
Im Vergleich zu anderen kaffeeanbauenden Ländern verbleibt ein Großteil der Kaffeeernte aufgrund des hohen Kaffeekonsums der äthiopischen Bevölkerung im Land – nur etwa 50 % werden exportiert. Mit knapp 7 Millionen Säcken (á 60 kg) jährlich macht der Kaffeeexport rund 60 % der Export-Einnahmen des Landes aus.
Rund 15 Millionen Äthiopier, etwa 13,5 % der Gesamtbevölkerung, verdienen ihren Lebensunterhalt durch den Kaffeeanbau. Viele Kleinbauern organisieren sich in Kooperativen, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger zu sein.
In den knapp zwanzig Anbaugebieten Äthiopiens wachsen viele Kaffeepflanzen wild, weshalb oft von Wildkaffee oder Waldkaffee gesprochen wird. Im sogenannten Waldkaffee wachsen verschiedene Sorten in Mischkultur und gedeihen vorwiegend im Südwesten in Waldgärten auf bis zu 2.000 Metern Höhe, geschützt durch natürliche Beschattung anderer Pflanzen.
Der Gartenkaffee wird in einigen Regionen auf kleinen Parzellen nach traditionellen Methoden angebaut. Die Kaffeeernte, die per Hand statt maschinell erfolgt, findet zwischen Oktober und Januar, teilweise bis in den April hinein, statt. So werden nur die roten und reifen Kaffeekirschen geerntet.
Eine kleine Anekdote zum Schluss: Auch wenn Äthiopien zwischen 1936 und 1941 von Italien besetzt war, gelang es den Italienern nie, das ganze Land zu kontrollieren. Einen Cappuccino bekommt man heute dennoch in fast jedem kleinen Dorf. Im nächsten Artikel unserer Serie über die fünf Top-Kaffeeanbaugebiete der Erde widmen wir uns dem Exportschlager Brasilien.